Sonntag, 25. September 2016

Langeweile schaut hämisch auf uns herab

Warum läuft das schöne, anregende, forttragende Spiel nicht weiter? Ich fühlte mich durch ihm in der Seele gestärkt und sah gelassen auf die Welt, wie sie ins ungewisse floss, ohne das der Betrachter nach einem Sinn fragen muss. Das Spiel gab der Welt seinen Sinn und meinem Leben die Tiefe daran teil haben zu dürfen. Jetzt aber läuft es nicht mehr. Es endete mit einer Erklärung; in dem Alltag nicht nach Inhalt zu suchen sondern selbst die Tiefe zu erschaffen, die die Seele fassen kann. Jetzt ist das Spiel zu ende und ich fühle mich wie ein Boot, das wie eine Nusschale durch dem fast windstillen Ozean treibt. Kein Ufer in sicht. Diese immerwährende Auf und Ab des Wellengangs ist so lähmend wie das flegmatisch hämmernde Sekundenschlag einer Kukuksuhr in einem dämmerigen Zimmer an einem schwülen Sommernachmittag.

Ich weis nicht was ich tue, ich weis nicht ob ich auf irgend etwas warte. Das Bewustsein von zu warten habe ich nicht. Es läuft nichts, es geht nichts ab. Ich habe nicht einmal das Bewustsein von zu erwarten, denn ich weis nicht in diesem Augenblick, das ich etwas zu erwarten hätte. Dem, zu erwarten, müsste eine Frage voraus gehen. Ich habe nicht das Bewustsein davon etwas erfragen zu können. Denn um zu erfragen, müste eine Auffäligkeit sich im Sichtfeld begeben. Es ereignet sich nichts, was sich von dem vorangegangenen und bereits gekannten Augenblick unterscheidet. Die Welle hebt sich und senkt sich und hebt sich wieder, unaufhörlich. Und es ist kein Ufer in sicht, das sich nähern oder entfernen würde und dadurch sich der vergangene Augenblick von dem jetzigen unterscheiden würde. So mechanisch wie das tick, Tack, Tick, Tack der Uhr an der Wand, ist auch die Erwartungs- und Fragenlosigkeit.

Jedoch, die Weisen sehnen sich nach der absoluten Windstille, heist es, um darin von ihrer Erwartungslosigkeit und Fragelosigkeit lassen zu können. Sie erreichen dann die spontane Anregung des Seins, worin kein Tag dem anderen gleicht, heist es. Worin jedes Augenblick eine unnenbare Vielfalt an Gelegenheiten und Möglichkeiten bietet es zu kosten und zu schmücken. Worin jedes Wellen-Heben anders schwingt als die sinkende Welle. Sogar das Ticken der Kuckukuhrs klingt bei jedem Einrasten des Klammers im Urwerk mit einem bisher nie gehörten Ton. Du must nicht die Gegenwart zerschlagen, das aus seinen Wunden eine Färbung spritzt und krass den Grau der Langeweile kontrastiert. Das Grauen der Langeweile der Tatenlosen wird durch die Anspannung der Gezeichneten, die sie ertragen müssen, am Ball gehalten. Der Tod, die Verletzungen, die Schmerzen, das Unglück, der Rausch, der Gewinn und der unverschämte Reichtum sowie die Intrigien der Anderen färben die Langeweile des zähen dahinquellenden Alltags in einen Blut und Galle Rausch.

Jedoch Soll so das menschengerechte Leben geschehen? Mit Niederträchtigkeiten, mit unerfüllbaren Begierden und Freudezährenden Kränkungen? Wir Suchen eine Welt, worin kein Mensch seine Würde verlieren muss, damit er das Leben eines anderen in Spannung versetzt. Worin kein Mensch darum bangen muss, fortwährend die anderen beschäftigen zu müssen, damit sie bei der Laune bleiben. Ein Interessantes Leben bedeutet, einen großartigen Pfad entdeckt zu haben, worauf jeder Schritt in eine noch belebtere Landschaft führt. Wobei die Belebung durch die Fruchtbarkeit der vorangegegangenen Schritte zum erblühen kommt. Wir lassen uns nicht mehr so einfach reglementieren. Als Vätterchen in eine Machenschaft eingespannt, wodurch andere zu Schaden kommen. Wir brauchen niemanden, der uns Zucker reicht um uns dann mit der Peitsche erniedrigen kann. Wir gehen erwartungslos in diese unbeschriebene Feld und lernen Gelassenheit, das wir niemandem genügen müssen, dass aber auch niemand uns bei der Laune halten muss, damit wir uns nicht auflehnen gegen eine Ungerechtigkeit, die wir für überwindbar erkennen würden.

Die Langeweile schreit nach Inszinierung. Sie schaut hämisch auf uns herab, da wir unsere Lebenszeit unerfüllt verstreichen lassen. Im zähen Fluss des Alltags. Was ist aber das erfüllte Leben, wenn wir immernur in der Wiederholung verhaftet sind und es keinen Ausweg daraus gibt. Das wir uns als zuschauer vorkommen in einem Leben, das wir nicht bestimmen können, sondern das vorbestimmt ist von einem Übereinkunft der Idiotie, die uns versorgt aber nicht teilhaben lässt. Wir liesen uns die Lebensautonomie entreisen und wurden zu Verköstigten durch die Gnade der Almosengeber. Von Allmosen, die wir selbst erarbeitet haben. Von klein auf sehnen wir uns danach, nicht zu den Versorgten, sondern zu den Entertainern zu gehören. Jedoch wissen wir nicht, wie wir die Langeweile bei uns und bei den Versorgten aufheben sollen. Wir ersehnen eine Prägende Bedeutsamkeit an uns, die uns in die Lage versetzen soll, nie wieder gelangweilt zu sein. Jedoch damit eine heitere Ernsthaftigkeit bestimmend wird in unser aller leben ist es notwendig den Schleim der vergänglichen Bezeichnetseins abzuwaschen.

veröffentlicht in "Grand Royal IV: Grandhotel Cosmopolis"

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